Nein zu Studiengebühren
Beschlossen auf der 30. Landesmitgliederversammlung am 13. März 2004 in Worms.
Wenn wir uns auf dem Weg von der Industrie- in die Bildungs- und Wissensgesellschaft befinden und wir diesen Weg einschlagen wollen, dann ist das Bezahlen für Bildung seitens des Lernenden genauso irrsinnig und kontraproduktiv, wie das Bezahlen für einen Arbeitsplatz seitens des Arbeitenden wäre. Bildung ist nicht Teil oder „Gut“ einer modernen Gesellschaft, sondern deren Ursprung, Antrieb und Definitionsmerkmal.
Bildung ist unsere Zukunft
Bildung und Forschung sind die entscheidenden Grundlagen für den Zugang zur Wissensgesellschaft und die aktive gesellschaftliche, politische und ökonomische Teilhabe jedes einzelnen Menschen. Im Mittelpunkt steht dabei der Mensch mit seinen individuellen Interessen und Fähigkeiten.
Alle Menschen dieser Welt haben ein Recht auf Bildung – unabhängig von Geschlecht, Religion und Herkunft. Die Chancen auf Bildung bestimmen unsere Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben, auf Arbeit und auf eine aktive Teilhabe an der Gesellschaft.
Eine gerechte Verteilung von Bildungschancen steht für die GRÜNE JUGEND im Mittelpunkt der Bildungspolitik. Chancengleichheit und Zugangsgerechtigkeit sind Vorraussetzungen für eine erfolgreiche Bildungspolitik.
Nachlaufende Studiengebühren, Bildungskonten- und Gutscheinmodelle, Langzeitstudiengebühren und Verwaltungsgebühren: Bei der Debatte über Studiengebühren geht es vielfach nur noch darum, WIE sie eingeführt werden sollen, nicht jedoch, WARUM und welche Wirkungen sie haben. Mit einer Beharrlichkeit, die an Penetranz grenzt, haben konservative und neoliberale DenkerInnen aus Politik und Hochschulen den Gebühren den Boden bereitet. Auch in der Sozialdemokratie und bei den Grünen sind Entwürfe und Plädoyers für Studiengebühren der unterschiedlichsten Art Ausdruck einer „Reform-Euphorie“, die einen rationalen Diskurs über Studiengebühren gegenwärtig unmöglich zu machen scheint.
Für mehr Gerechtigkeit zwischen den Generationen müssen jetzt mehr Investitionen in Bildung erfolgen. Denn mittel- und langfristig sind diese Investitionen auch für den Abbau der Staatsverschuldung und die Sicherung der sozialen Sicherungssysteme Vorraussetzung. Sparmaßnahmen bei der Bildung und Studiengebühren dagegen wirken kontraproduktiv.
Gute Bildung kostet Geld, doch schlechte Bildung kostet uns unsere Zukunft!
Hochschule im 21. Jahrhundert
Die hochschulpolitische Debatte muss endlich Abschied nehmen von alten Vorstellungen, die sich mit der Realität nicht mehr decken. Die Hochschulen werden nicht mehr von einem kleinen Kreis Studierender besucht, die nahezu ausnahmslos aus einem Elternhaus mit gehobenem oder hohem Einkommen stammen: Die Hochschulzugangsberechtigung und das Studium wurde für einen breiteren Personenkreis geöffnet. Hochschulbildung muss aber für alle gesellschaftlichen Gruppen gleichermaßen geöffnet werden. Gebraucht werden deutlich mehr HochschulabsolventInnen und an den Hochschulen müssen die Vorraussetzungen geschaffen werden diese auszubilden.
Erwerbsverläufe sind gebrochener geworden, Qualifikationswege haben sich gewandelt. Fließende Übergänge ins Erwerbsleben haben sich etabliert, das Studium löst sich oftmals in berufsbegleitende Bildung auf. Gemischte Formen von abwechselnden Phasen intensiven Studiums und berufspraktischer Tätigkeiten sind anzutreffen, viele studieren durchgängig Teilzeit. Viele StudentInnen engagieren sich während des Studiums in sozialen Bereichen, Studierende kommen ihrer Pflicht zur Beteiligung an der studentischen und akademischen Selbstverwaltung nach und übernehmen gesellschaftliche Verantwortung. Viele Studierende arbeiten für wenig Geld zur Stützung der Forschung und Lehre – ohne diese Tätigkeiten müssten die Hochschulen ihren Betrieb einstellen. Zudem betätigen sich Studierende als Kulturschaffende, im sozialen, im ökologischen Bereich und als politisch Aktive und bereichern so das Gemeinwesen.
So lange der Lebensunterhalt von Studierenden vom Wohlwollen der Eltern abhängt, werden viele Studierende arbeiten müssen. In vielen Bereichen, insbesondere im Dienstleistungssektor, ist so ein studentischer Niedriglohnsektor entstanden. Durch die Notwendigkeit, den Lebensunterhalt selbst zu bestreiten wird die Studienzeit verlängert, universitäre Angebote aber nicht stärker in Anspruch genommen.
Die bestehende Hochschulpolitik mit Regelstudienzeiten und die Ausbildungsförderung klammert sich an das Leitbild des Vollzeitstudiums, welches zu einem erheblichen Anteil von den Eltern der Studierenden finanziert wird. Staatliche Förderung des Lebensunterhalts und des Lehrmaterials wird als Ausnahme angesehen, in wenigen Fällen unterstützen Stiftungen die Studierenden. Diese Grundannahmen sind von der Realität überholt und unsinnig, weil Eltern so mehr Anreize dazu haben, dass ihre Kinder kein Studium aufnehmen.
Bereits heute gibt es einen Mangel an HochschulabsolventInnen und es zeichnet sich ab, dass sich dieser in den nächsten Jahren noch verstärken wird. Dieser bedenklichen Entwicklung muss Rechnung getragen werden und verstärkt in die Zukunft unserer jungen Generation investiert werden. Unser Ziel ist es, den Bildungsstandort Deutschland zu stärken und den „Wettbewerb der Ideen“ auf eine solide Basis zu stellen. Gelder die zur Bildung eingesetzt werden sind Investitionen und keine Kosten.
Entgegen allen wissenschaftlichen Studien (OECD, PISA,…), die zu geringe Investitionen in Bildung und einen Akademikermangel in Deutschland konstatieren, kürzen fast alle Bundesländer Hochschuletats zusammen und führen Studiengebühren ein. Die personelle, materielle und räumliche Ausstattung vieler Hochschulen ist eine Katastrophe. Dies führt zwangsläufig zu einer Verlängerung der Studiumsdauer.
Studiengebühren ablehnen – studentische Proteste unterstützen
Studiengebühren sind sozial unausgewogen und bildungsfeindlich. Sie müssen bundesweit wirksam und ausnahmslos verboten werden.
Die GRÜNE JUGEND RLP solidarisiert sich mit den bundesweiten studentischen Protesten. Die geplanten Gebühren und Streichungen betreffen alle Studierenden bundesweit. Wenn in einem Bundesland an den Hochschulen massiv Studienplätze abgebaut und Zugangshemmnisse aufgebaut werden, so führt dies bundesweit zu Zulassungsbeschränkungen und Studiengebühren.
Wir streben ein breites Bündnis aller gesellschaftlichen Gruppen an, um den zügellosen und folgenschweren Abbau des Sozialstaats abzuwehren. Deswegen begrüßt die GRÜNE JUGEND RLP die bundesweite Vernetzung der studentischen Proteste und unterstützt Projekte wie den europaweiten Aktionstag am 3. April 2004 gegen Sozial- und Bildungsabbau. Die GRÜNE JUGEND RLP fordert die Landesregierungen auf, die streikenden Studierenden als gleichberechtigte politische Akteure und somit VerhandlungspartnerInnen in den anstehenden politischen Entscheidungsprozessen anzuerkennen.
Weil Bildung Teil öffentlicher Daseinsfürsorge ist und daher öffentlich finanziert werden muss, muss ein Studium gebührenfrei bleiben. Die GRÜNE JUGEND RLP lehnt daher jegliche Art von Studiengebühren ab. Die finanziellen und strukturellen Probleme der Hochschulen lassen sich nur durch eine grundlegende inhaltliche Veränderung von Hochschule und Forschung lösen. Mit der Einführung von Studiengebühren wird dieser Weg aber verbaut.
Schon jetzt sind Studierende aus einkommensschwachen bzw. bildungsfernen Schichten stark unterrepräsentiert. Studiengebühren zementieren die bestehenden sozialen Bildungshemmnisse in Deutschland. Insgesamt ist im internationalen Vergleich zu beobachten, dass in Deutschland zu wenige Menschen eines Jahrgangs ein Hochschulstudium aufnehmen. Wir müssen die Quote der Studierenden erhöhen. Studiengebühren helfen nicht dabei, die Studierquote zu erhöhen, sondern sorgen im Gegenteil dafür, dass diese Quote noch stärker sinkt.
Weiterhin ist in Deutschland die Quote der Hochschulabsolventinnen und -absolventen sehr gering. Studiengebühren werden nicht zu einem schnelleren Studium, sondern zu einer Erhöhung der Studienabbruchquote führen.
Studiengebühren verstoßen gegen die Generationengerechtigkeit. Die in Ausbildung befindliche Generation wird die Folgen einer erheblichen Staatsverschuldung wie auch die finanziellen „Lasten“ des demographischen Wandels hoffentlich solidarisch tragen. Wenn aber die Kosten ihrer Ausbildung auf diese und die kommenden heranwachsenden Generationen abgewälzt werden, dürfte dies zu einer tiefen gesellschaftlichen Erschütterung führen. Auch und gerade die Debatte über nachlaufende Studiengebühren muss im Kontext aller übrigen Belastungen (demographischer Wandel, Staatsverschuldung) geführt werden. Nachgelagerte Studiengebühren einzuführen würde bedeuten, das Postulat der Generationengerechtigkeit vollends über Bord zu werfen. Nur durch ein gerechtes Steuersystem, nicht jedoch durch Gebühren ist gewährleistet, dass die Bildungskosten entsprechend der individuellen Leistungsfähigkeit verteilt werden.
Es ist zu erwarten, dass Studiengebühren ähnlich finanziert werden wie der Lebensunterhalt Studierender. Besserverdienende Eltern bezahlen die Gebühren mit, wenige Studierende erhalten die Bildungsgebühren von Stiftungen, dem Staat oder Begabtenförderprogrammen der Unis, und die Übrigen werden für die Gebühren arbeiten müssen. Es ist also zu erwarten, dass Eltern mehr bezahlen müssen, sozial schwache Studierende mehr arbeiten müssen und langsamer vorankommen und dass für einen weiteren Personenkreis nach wie vor die öffentliche Hand Bildungskosten zu bestreiten hat. So lange nachweisbar ist, dass die Kosten des Studiums zu einem erheblichen Anteil von den Eltern getragen werden, bedeutet die Einführung von Studiengebühren eine weitere Verschiebung zugunsten der Kinderlosen und zulasten der Eltern.
Studiengebühren verstoßen gegen die Geschlechtergerechtigkeit. So lange Akademikerinnen deutlich niedrigere Lebenseinkommen als ihre männlichen Kollegen haben, ist eine Belastung mit Studiengebühren eine Verschärfung der Ungerechtigkeit, da gleichen Ausgaben geringere spätere Einnahmen gegenüberstehen.
Studieren wird auch in Rheinland-Pfalz zur Tortur
Auch in Rheinland-Pfalz gab es im Haushaltsansatz 2004 30 Millionen Euro weniger gegenüber dem Jahr 2002 für den Bereich der Hochschulen. Innerhalb nur eines Jahres ist die Zahl der zulassungsbeschränkten Studiengänge von 20 auf 76 angestiegen. An den rheinland-pfälzischen Fachhochschulen sind sogar 33 % der Studiengänge mit einem Numerus Clausus versehen. Die nüchternen Zahlen belegen die Auswüchse der Sparmaßnahmen an den Hochschuletats in Rheinland-Pfalz. Seit 1997 hat sich die Relation Studierende – Professoren wie folgt entwickelt:
1997: 65,16: 1
2001: 70,67: 1
2003: 80,00: 1
Bundesweit liegt Rheinland-Pfalz damit mit Nordrhein-Westfalen am Ende der Tabelle. Der Hinweis der Landesregierung, auch Hochschulen in anderen Bundesländern ginge es schlecht, greift zu kurz. Denn Rheinland-Pfalz trägt mit Brandenburg weiterhin die rote Laterne, was die Ausgaben für die Hochschulen pro Einwohner angeht. Mit 272 Euro Ausgaben je Einwohner für die Universitäten und Fachhochschulen hat sich Rheinland-Pfalz ins hochschulpolitische Abseits gestellt. Im Vergleich dazu investiert das benachbarte Saarland mit 456 Euro je Einwohner mehr als das Doppelte in seine Hochschulen.
Während die Zahl der Studierenden in Rheinland-Pfalz stetig ansteigt, müssen die Hochschulen ihre Angebote zurückfahren. Fast alle Studierenden kennen überfüllte Hörsäle und Seminarräume – eine Folge der Sparmaßnahmen.
Nun wurde in Rheinland-Pfalz das Hochschulrahmengesetz verabschiedet, dass die Einführung von Studienkonten vorsieht. Der Verordnungsentwurf des Wissenschaftsministeriums zur Einrichtung und Führung der Studienkonten liegt vor und soll im Landtag beschlossen werden. Die GRÜNE JUGEND RLP lehnt Studienkonten als eine Form von Gebühren entschieden ab und fordert alle Fraktionen auf, den Entwurf abzulehnen!
Studienkonten beenden Gebührenfreiheit
Die Änderung im Hochschulrahmengesetz, die Studiengebühren in besonders begründeten Ausnahmefällen zulässt, ist nicht als Aufforderung für die Einführung von Studiengebühren im Landesrecht zu verstehen. Studiengebühren sind sozial ungerecht. Das Studienkontenmodell der rheinland-pfälzischen Landesregierung erweist sich als eine besondere Form der Langzeitstudiengebühren. Gebühren bleiben im vorgelegten Entwurf keineswegs nur auf begründete Ausnahmefälle beschränkt, das im Gesetzestext angestrebte gebührenfreie Erststudium wird durch eine Vielzahl gebührenpflichtiger Studierender aufgegeben. Die GRÜNE JUGEND RLP lehnt den Gebührenentwurf deswegen strikt ab.
Mit dem Studienkontenmodell wird die Bildung ebenso wie die Hochschule in ihrer Grundkonzeption verändert. Bildung ist als Prozess zu verstehen, in dem Individuen sich Bildungsinhalte und Wissensbestände aktiv aneignen. Im Studienkontenmodell ist jedoch angelegt, dass Studierende als „fordernde Kunden“ auftreten, um aus dem Kontoguthaben oder aus Privatmitteln von den Hochschulen „Bildungsdienstleistungen“ zu erkaufen. Wir halten demgegenüber daran fest, dass Studierende als aktiv mitwirkende Mitglieder der Hochschule bei selbst gewählten Bildungsprozessen unterstützt werden sollen. Fortschritte im Bildungserwerb werden aufgrund ideeller Leistungen bescheinigt (Scheine) und nicht aufgrund von Geld oder Bildungsguthaben erkauft.
Wir sehen in den vorgelegten Regelungen einen großen Schritt hin zur Abkehr vom Grundsatz der Gebührenfreiheit bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss. Die GRÜNE JUGEND RLP unterstützt die Studienvertretungen in Rheinland-Pfalz, die sich weiterhin engagiert gegen das Studienkontenmodell und die Kürzungen an den Hochschulen einsetzen!
Die Rot-Gelbe Landesregierung hat Studierende und Hochschulen getäuscht!
Das Ministerium von Wissenschaftsminister Zöllner kündigte im November letzten Jahres an, dass jedem Studierenden ein gebührenfreies Erststudium bis zur doppelten Regelstudienzeit ermöglicht werde. Die Höhe der Studiengebühr werde bei 300 Euro pro Semester liegen. Dies entpuppte sich jedoch als Täuschung.
Nachdem die gesetzliche Grundlage durchgesetzt war, wurde bei der Ausgestaltung der „Detailfragen“ kräftig nachgelegt. Der Entwurf einer Rechtsverordnung zum Gebührenmodell weist folgende Eckdaten auf: Die gebührenfrei studierbaren Semester wurden auf die 1,75-fache Regelstudienzeit begrenzt. Für die meisten Universitätsstudiengänge bedeutet dies gegenüber den Ankündigungen eine Verringerung von 18 auf 15 frei studierbare Semester. Die Höhe der geplanten Gebühren wurde indes von 300 auf 650 Euro pro Semester mehr als verdoppelt. Die geplanten Studienkonten sollen zum kommenden Wintersemester rückwirkend eingeführt werden: Wer ohne Studienkonten sein Studium begonnen hat, erhält pro bereits studiertem Semester einen Abzug vom Konto. Viele Studierende erhalten ein „leeres Konto“, bei ihnen setzt die Gebührenpflicht direkt zum kommenden Wintersemester ein.
Besonders hiervon betroffen wären nach den aktuellen Plänen Studierende, die bereits ein Doppelstudium in Angriff genommen haben. Bei ihnen soll das Studienkonto stärker beansprucht werden. Wer im Doppelstudium ein leeres Studienkonto erhält, soll nach den Plänen der Landesregierung auch doppelte Gebühren (1300 EUR/Semester) zahlen. Diese tendenziell leistungsfeindliche Regelung trifft an den Hochschulen auf Unverständnis, Nachbesserungen werden an dieser Stelle auch seitens des Mainzer Unipräsidenten gefordert.
Der Missmut an den Hochschulen wächst. Es ist zu befürchten, dass Gebührengelder letztlich im Landeshaushalt landen und keineswegs den Hochschulen zugute kommen. Überdies verursachen die Studienkonten einen erheblichen Verwaltungsaufwand. Auch bei der Information über die neuen Regelungen fühlen sich die Hochschulen alleine gelassen. Mit den Fragen verunsicherter Studierender sollen die Hochschulen selbst fertig werden, für den Beratungsbedarf und den organisatorischen Aufwand gibt es keine zusätzlichen Mittel oder Stellen.
Angesichts der Gebührenhöhe ist von Zwangsexmatrikulation über die Geldbörse die Rede. Die Kontenregelung folgt einer widersprüchlichen Logik, sie löst die Probleme der Hochschulen und des Studiums nicht. Insbesondere eine angemessene Regelung für das Teilzeitstudium und eine Verbesserung der Studienbedingungen wird keineswegs vorgelegt. Für den Beginn des Sommersemesters sind Streiks und Proteste geplant. Die GRÜNE JUGEND unterstützt die studentischen Proteste und fordert zur aktiven Beteiligung daran auf. Die rot-gelbe Landesregierung hat bei den Studierenden jegliches Vertrauen verspielt, diese Hochschulpolitik gleicht einer Bankrotterklärung.
Reform der Bildungsfinanzierung
Zur komplexen Materie der Finanzierung der Bildungseinrichtungen und des Lebensunterhalts von Studierenden stellt die GRÜNE JUGEND RLP grundsätzlich fest: Hochschulfinanzierung ist Verteilungspolitik. Es geht um die Verteilung gesellschaftlichen Reichtums, also um Steuerpolitik. Und es geht um die Verteilung gesellschaftlicher Teilhabechancen, soziale Mobilität und die Statuszuweisung für in Ausbildung befindliche Personen. Es geht um Qualifizierung und um die Frage, wie eine Wissensgesellschaft den Zugang zum Wissen gestaltet.
Bildungsfinanzierung steht für uns in einem größeren Kontext. Eine demokratische Wissensgesellschaft muss Qualifikationen für innovative Betätigungsfelder fördern. Sie muss aber auch Freiräume für Bildungsphasen eröffnen und sichern, selbstbestimmten Wissenserwerb ermöglichen und Freiräume für experimentelle und innovative kulturelle und gesellschaftliche Betätigungen schaffen und erhalten. Soziales Engagement und andere gesellschaftlich sinnvolle Betätigungen haben ihren Platz in einem Studium. Bildungsfinanzierung muss gewährleisten, dass im Studium neue Ideen für eine bessere Zukunft entstehen.
Wir wollen die Hochschule als Gemeinschaft forschender, lehrender und lernender Mitglieder neu beleben. Studierende müssen an ihre Pflicht erinnert werden, sich für die Hochschulen zu engagieren. Die Hochschulen müssen wieder flächendeckend Orte der Findung, Bewahrung und Weitergabe von Erkenntnissen sein. Die Gesellschaft wird sich solche Hochschulen etwas kosten lassen müssen, aber sie wird unbezahlbaren Nutzen von solchen Hochschulen erhalten. Eine öffentliche Bildungsfinanzierung kann nur so gerecht sein wie das Steuersystem, aus deren Einnahmen die Bildungsausgaben finanziert werden sollen.
Die GRÜNE JUGEND RLP lehnt auch nachgelagerte Studiengebühren ab. Gehobene Einkommen und höheres Steueraufkommen von akademisch gebildeten Personen sind schon Realität. Statt einer pauschalen Heranziehung von HochschulabsolventInnen zur Finanzierung von Bildung als öffentliche Daseinsvorsorge müssen akademische Berufe und gehobene Einkommen zu einer gehobenen Steuerlast führen und somit weiterhin und noch stärker als bisher zur Hochschulfinanzierung einen Beitrag leisten. Entsprechende Belastungen müssen an Vermögen, Vererbungen, Einkommen und Konsumverhalten gekoppelt sein.
Die GJ RLP schlägt demzufolge beispielhaft folgende Finanzierungsmöglichkeiten vor. Die detaillierte Ausformulierung des Modells folgt in einem weiteren Antrag:
Wir fordern:
- Die Anhebung der Erbschaftssteuer und die Wiedereinführung der Vermögenssteuer als wichtiger Beitrag zum gesamtgesellschaftlichen Chancenausgleich: totes Kapital wird in lebendige Köpfe gelenkt, Chancen werden gerechter verteilt.
- Die Beibehaltung eines Einkommenssteuerrechts, dass man nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit höhere Einkommen verhältnismäßig stärker belastet als niedrige Einkommen.
- FreiberuflerInnen und klassische akademische Berufe müssen durch eine Gemeindewirtschaftssteuer in die Gewerbesteuer integriert werden. Aus der Gewerbesteuer sollen 10% in die schulische und akademische Ausbildung umgeleitet werden.
- Die Streichung von Abschreibungsmöglichkeiten für selbständige AkademikerInnen, auch mit dem Ziel der Gleichbehandlung von Selbständigen und abhängig Beschäftigten, sowie der Vereinfachung des Steuersystems.
- Die deutliche Erhöhung des Spitzensteuersatzes damit nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit besteuert wird.
- Die Entlastung der Arbeitskosten und die stärkere Heranziehung von Unternehmen, die mit wenigen hoch qualifizierten Arbeitskräften eine hohe Wertschöpfung erzielen.
- Die Einführung eines 3. Mehrwehrtsteuersatzes auf Luxusgüter von 25 %.
- Die Einführung einer Devisenumsatzsteuer auf Finanztransaktionen (Tobin-Tax)
- Die Einführung einer Spekulations- und Devisenumsatzsteuer.
Neue steuerliche Einahmen werden gepoolt, um Hochschulen aus Bundesmitteln pro in Ausbildung befindlichem Studierenden einen Fixbetrag zuzuweisen. Um die Autonomie der Hochschulen zu stärken, sollen Hochschulen als öffentlich-rechtliche Selbstverwaltungskörperschaften eigene Anteile an den erhobenen Steuern erhalten. Die Zuweisungen sollen pro Studierendem gewährt werden, um die Fachhochschulen und Universitäten vom Gängelband der finanzpolitischen Entscheidungen in den Bundesländern zu befreien.
Wir wollen den Beamtenstatus für an den Hochschulen Beschäftigte abschaffen!
Zur Refinanzierung einer elternunabhängigen und den Lebensunterhalt sichernden
Ausbildungsförderung sollen der Kinderfreibetrag, das Kindergeld und die
Zuschläge für in Hochschul- und Berufsausbildung befindliche Kinder gestrichen werden. Ferner wird der Anspruch auf Wohngeld für Studierende gestrichen. Eingesparte Gelder werden in einer Stiftung gepoolt um eine elternunabhängige Ausbildungsförderung zu finanzieren.
Dies kann auch zum Abbau von Bürokratie führen: Eltern müssen nicht mehr steuerliche, einkommensrechtliche und sozialstaatliche Bürokratien bedienen, und diese werden von unnötigem Verwaltungsaufwand entlastet. Zudem werden öffentliche Haushalte in den Kommunen, Ländern und im Bund entlastet.
Die Entlastungen im Bund und in den Ländern werden zur Finanzierung einer elternunabhängigen Ausbildungsförderung verwendet. Um die Fördermittel der kurzfristigen Haushaltspolitik zu entziehen wird eine Stiftung gegründet, die diese verwaltet. Die Förderungsdauer und -höhe orientiert sich am bestehenden BAföG. Nach dem Verbrauch der Fördermittel können Darlehen gewährt werden.
Keine Gebühren für Bildung!
Die GRÜNE JUGEND RLP spricht sich mit Nachdruck klar gegen jegliche Form von Studiengebühren aus und kritisiert scharf den Beschluss der grünen Bundestagsfraktion, in dem Studiengebühren nicht ausgeschlossen werden. Auch verdeckte Gebühren in Form von so genannten Studienkontenmodellen, nachgelagerten Studiengebühren, Bildungsgutscheinen, in keinem Verhältnis zum Verwaltungsaufwand stehenden Rückmeldegebühren oder „Strafgebühren“ für Langzeitstudierende lehnen wir ganz entschieden ab.
Bildung ist Antrieb der Wissensgesellschaft. Also muss Bildung öffentlich und sozial gerecht finanziert werden. Wir fordern BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN im Land und im Bund auf, sich diesem Grundsatz anzuschließen und das bildungspolitische Handeln danach auszurichten. Studiengebühren und –konten widersprechen diesem Prinzip und müssen endlich als Handlungsoption aufgegeben werden.
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