Klimagerechtigkeit jetzt
Beschlossen auf der 62. Landesmitgliederversammlung in Koblenz, 13.10.2018
Mitteleuropa erlebte 2018 einen weiteren Rekordsommer und die Landwirtschaft beklagt ein weiteres Mal hohe Ernteausfälle. Was jedoch in den Industriestaaten durch technische und finanzielle Aufwendungen kompensiert werden kann, bedeutet für viele Menschen in anderen Teilen dieser Erde eine existenzielle Bedrohung.
Eine Bedrohung, für die sie nicht verantwortlich sind. Hauptverantwortlich für Umweltzerstörung und Treibhausgasemissionen sind vor allem Industriestaaten wie Deutschland. Doch nicht sie sind es, die die Hauptfolgen der menschengemachten Klimaveränderung zu tragen haben.
Aber auch in Industriestaaten sind in jüngster Vergangenheit zunehmend alarmierende Wetterextreme zu verzeichnen, weshalb der dringende Handlungsbedarf bezüglich der Klimakrise bestärkt wird.
Die Bewohner*innen von Inselstaaten wie Kiribati, Küstenregionen wie in Süd-Myanmar oder Gebieten, die von Hitzewellen und Verödung bedroht sind, sind am massivsten und direktesten schon jetzt von der Klimakrise betroffen. Wenn diese Menschen vor Hunger und Elend fliehen, die sie nicht selbst zu verantworten haben, dann ist es die Pflicht der EU, diesen Klimageflüchteten eine Aufenthaltserlaubnis für die Europäische Union anzubieten. Zudem muss Klimaflucht als offizieller Fluchtgrund in die Genfer Flüchtlingskonvention aufgenommen werden.
Es ist unsere Pflicht, die Klimakrise einzudämmen und für Klimagerechtigkeit zu sorgen!
Energie
Das Abwenden einer Klimakatastrophe ist nicht möglich, ohne einen baldmöglichsten Ausstieg aus der fossilen Energieerzeugung.
Um mit gutem Beispiel voranzugehen, soll die Landesregierung auf allen Landesgebäuden, bei denen es effizient ist, Photovoltaikanlagen anbringen.
Wir fordern die Landesregierung auf, eine Initiative zum Kohle Im- und Exportverbot in den Bundesrat einzubringen und sich ganz klar für einen möglichst schnellen Kohleausstieg auszusprechen.
Die Erforschung und Weiterentwicklung von erneuerbaren Energiequellen, Speichertechnologien und einem intelligenten Strom- (und Wärme-)Netz ist finanziell zu fördern.
Das Land muss die Errichtung von Windkraftanlagen, bevorzugt in kommunaler Trägerschaft, unterstützen um einen weiteren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Wir fordern ein aktives Einsetzen dafür, dass die nötigen Treibhausgaseinsparungen in RLP erreicht werden.
Kommunale Einrichtungen sollen zu Nahwärmeinseln zusammengeschlossen werden und die Möglichkeit, für alle Haushalte mit Blockheizkraftwerken ans Fernwärmenetz angeschlossen zu werden, soll verbessert werden. Dies ist nicht nur für die Kommunen energiesparend und somit klimaschonend, sondern auch kostensparend.
Verkehr
Der Verkehrssektor ist maßgeblich verantwortlich für klima- und gesundheitsschädigende Emissionen.
Dabei ist die schädlichste Mobilitätsform der motorisierte Individualverkehr.
Deshalb muss endlich diese Form des Individualverkehrs eingeschränkt und der gesamte Sektor von fossilen Energiequellen gelöst werden.
Unser Ziel ist es, die Mobilität der Menschen zu gewährleisten ohne dabei unsere Lebensgrundlagen zu zerstören. Dies geht nur durch sukzessives Zurückdrängen des motorisierten Individualverkehres und die politische und finanzielle Unterstützung der Verkehrsträger des öffentlichen Personenverkehrs und des Fahrrads. Auch deshalb fordern wir den Stopp von Autobahnneubauten, wie etwa des A1-Lückenschlusses in der Eifel.
Der Flugverkehr gehört zu den klimaschädlichsten aller Reisearten. Flugreisen werden bei billigen Fluglinien zu Dumpingpreisen angeboten. Kerosin ist steuerfrei – Bahnstrom jedoch nicht. Wir fordern hier einen Kurswechsel. Der Steuersatz auf Leistungen des Schienenverkehrs und auf Bahnstrom soll auf 0% verringert werden. Inlandsflüge müssen folglich durch attraktive Zugverbindungen an Reiz verlieren. Außerdem fordern wir ein Verbot von Kurzstreckenflügen unter 600km.
Wir fordern im Mittelrheintal anstatt Brückenprojekten einen 24-stündigen, subventionierten emissionsfreien Fährverkehr. Sollte eine Brücke gebaut werden, sollte diese ausschließlich für Fußgänger und Fahrradfahrer genutzt werden.
Elektrifizierung und Modernisierung von Regionalbahnstrecken, wie etwa der Bahnstrecke Neustadt(Weinstr.)-Landau-Karlsruhe oder Köln-Gerolstein-Trier können einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten und das Angebot attraktiver machen. Elektrifizierte Nebenbahnstrecken können dann auch zur Entlastung der stark belasteten Strecken genutzt werden. Auch deshalb muss Rheinland-Pfalz auf Nachbesserungen, neben den lächerlichen 5 Millionen Euro, die dazu im Bundeshaushalt eingeplant sind, hinarbeiten und auch eigene Gelder zur Verfügung stellen.
Die Reaktivierung von Bahnstrecken, etwa den Strecken der Hunsrückquerbahn, der Zellertalbahn oder der Strecke Landau-Germersheim muss weiter forciert werden.
Der Nah- und Fernverkehr muss jedem Menschen, egal ob in der Vulkaneifel oder in Mainz zugänglich sein und ein attraktives Angebot darstellen. Dazu gehört, insbesondere in den Abendstunden und an Wochenenden, eine Verdichtung des Fahrtaktes und die intelligente Vernetzung mit anderen Verkehrsmitteln, wie etwa Car Sharing, elektrifizierte Lastenräder oder Fahrräder.
Wir fordern einen kostenlosen, umlagefinanzierten öffentlichen Nahverkehr und eine Steigerung der Investitionen, insbesondere in das Schienennetz.
Ein wichtiges Schlüsselelement in der Entwicklung eines CO2-neutralen Verkehrs stellt das Fahrrad dar. Hierzu müssen Fahrradwege besser ausgebaut, beschildert und unterhalten werden. Darum fordern wir auf Landesebene das Verkehrsministerium mit Nachdruck auf, den Bau der geplanten Radschnellwege bei Mainz, Trier und Ludwigshafen endlich umzusetzen und den Radverkehr stärker zu fördern. Vor Ort müssen die Kommunen die vorhandenen Fördermittel ausschöpfen und moderne Verkehrskonzepte entwickeln, die das Fahrrad als gleichberechtigtes Verkehrsmittel betonen. Aber nicht nur der Ausbau der Fahrradwege muss betrachtet werden. Genauo wichtig ist es, dass bei der Neuanlage von Straßen ein Fahrradweg verbindlich miteingeplant und errichtet wird. Vor Allem bei Neu- und Umbaumaßnahmen von Gebäude- und Parkflächen müssen Fahrradständer und Ladestationen für E-Bikes errichtet werden. Außerdem sollten Fahrräder generell kostenfrei in allen öffentlichen Verkehrsmitteln mitgenommen werden können.
Nur so können wir eine nahtlos ineinandergreifende, kooperative, ökologische Mobilität ermöglichen.
Abfall/Konsum
Unser Wirtschafts- und Konsumverhalten hat einen enormen Einfluss auf den Planeten und dessen Bewohner*innen. Hier zeigt sich ein deutliches Missverhältnis bei Verursachenden und Leidtragenden dieses Einflusses.
Die Konsumgesellschaften der Industriestaaten produzieren direkt und indirekt die meisten Emissionen und Abfälle. Die Folgen davon haben aber in vielen Fällen die Menschen in Nicht-Industriestaaten zu tragen.
Der Export von Müll muss komplett verboten und eine verpflichtende Recycling-Quote, welche die aktuelle (Stand 12.10.18) übersteigt beschlossen.
Auch muss mehr dagegen getan werden, dass Müll überhaupt entsteht. Die Verpackung von beispielsweise Obst und Gemüse in Plastik, entbehrt jeder Logik und muss aufgrund ihrer ökologischen Folgen, ebenso wie Plastiktüten, verboten werden.
Der Einsatz von Recyclingpapier an Stelle von Frischfaserpapier soll innerhalb der nächsten zwei Jahre in Behörden und öffentlichen Einrichtungen in RLP zum Standard werden. So kann das Land Rheinland-Pfalz seiner Vorbildfunktion bei der Ressourcenschonung gegenüber den Bürgern nachkommen.
Die Vorschriften für Verpackungen müssen kritisch hinterfragt und gegebenenfalls angepasst werden.
Auf die Benutzung von Einwegplastik in Produkten aller Art fordern wir eine Abgabe, die in einen Fond einzuzahlen ist, der Maßnahmen gegen Umweltverschmutzung fördert.
Eine Möglichkeit wäre diese Gelder in den Green Climate Fund der UN einzuzahlen.
Zum Schutz unserer Gewässer fordern wir darüber hinaus die Hafenmüllgebühr abzuschaffen um keine Anreize zur illegalen Verklappung zu setzen. Ferner muss besonders bei dem Verladen und Ablöschen von Düngemitteln auf einen besseren Umweltschutz geachtet werden.
Auch bei Großveranstaltungen wie Musikfestivals müssen die Veranstalter verpflichtet werden auf die Vermeidung von Müll zu achten und sind dazu zu verpflichten den Besuchern nur umweltfreundlichere Alternativen zu Einwegplastik zur Verfügung zu stellen. Auch das Trennen von Müll muss den Besuchern von Großveranstaltungen immer ermöglicht werden.
Auch unsere kleinsten Abfälle, wie beispielsweise Mikroplastik oder pharmazeutische Rückstände, müssen in adäquater Weise durch unsere Kläranlagen beseitigt werden können. Dazu sind die kommunalen Kläranlagen entsprechend nachzurüsten.
Landwirtschaft
Die konventionelle Landwirtschaft schadet nicht nur der Umwelt in größtem Maße, sondern ignoriert das Wohl der ausgebeuteten Tiere. Unser Ziel ist eine baldige Überwindung der Nutztierhaltung. Bis wir es erreicht haben, die Nutztierhaltung zu überwinden, müssen folgende Maßnahmen umgesetzt werden, um jetzt schon eine Landwirtschaft zu etablieren, die sog. Nutztieren in der Obhut von Menschen eine würdige Lebensqualität garantiert, zum Artenschutz beiträgt, unsere Gewässerqualität schützt und den Beitrag klimaschädlicher Emissionen auf ein Minimum reduziert.
Ein erster Schritt dorthin ist das Überwinden von Tierhaltung ohne Weidegang, aber auch der Übergang vom schmerzhaften ohrmarken zum chippen. Solange es Schlachtung – entgegen unserer Grundsatzhaltung – gibt, muss es Pflicht sein, den gesamten Schlachtkörper zu verwenden, da kein Körperteil des Lebewesens als „minderwertig“ gelten/aussortiert werden darf. Damit verbunden dürfen keine „Schlachtabfälle“ exportiert werden, weil diese eine dramatische Bedrohung für die lokalen Märkte in Zielländern darstellen.
Die europaweiten Biostandards sind oft unzureichend und täuschen den Verbrauchenden eine umweltfreundliche Produktion vor.
Denn das europaweite Biosiegel erlaubt doppelt so viele der pro Fläche gehaltenen Legehennen oder Masthühner wie die drei größten deutschen Bioverbände Bioland, Demeter und Naturland.
Konkret bedeutet das: Die EU und alle drei Anbauverbände empfehlen pro Hektar die Tierhaltung von 2 Milchkühen oder 5 Mastkälbern. Bei anderen Nutztierarten gehen die Vorschriften der EU und die der Anbauverbände noch weiter auseinander: während die EU pro Hektar 14 Mastschweine zulässt, sehen Bioland, Naturland und Demeter maximal 10 vor. Noch gravierender sind die Unterschiede bei den Besatzdichten von Geflügel, denn 580 Masthühner oder 230 Legehennen dürfen laut EU-Bio-Verordnung pro Hektar gehalten werden – Mitglieder der drei Anbauverbände erlauben dagegen „nur“ 280 Masthühner oder 140 Legehennen. Außerdem sollten Zweinutzungshuhnrassen standardisiert in der Hühnerhaltung eingesetzt werden, um das sogenannte Kükenvergasen und Kükenschreddern überflüssig zu machen und mit diesen robusten Arten eine definitiv artgerechte Haltungsform ermöglichen zu können.
Die EU-Bio-Siegel-Richtlinien machen keine Angaben zur Distanz des Schlachthofs.
Während der Transport bei Bioland, Demeter und Naturland auf maximal vier Stunden oder 200 Kilometer beschränkt ist, kann ein Schwein mit EU-Bio-Siegel eine Fahrt durch halb Europa hinter sich haben.
Deshalb hat das EU-Bio-Siegel nicht viel mit Nachhaltigkeit und ausdrücklich Tierwohl zu tun. Darum fordern wir nicht nur die Richtlinien des Bioland Verbandes als Mindeststandard, sondern auch ein aussagekräftiges, transparentes Tierwohllabel. Echten Tierschutz gibt es nur ohne Nutztierhaltung. Denn schon jetzt fordert fast 90% der Bevölkerung bessere Standards in der Tierhaltung und mehr Transparenz im Produktionsprozess (Quelle: BMEL-Ernährungsreport 2017).
Aber auch ein Klima-Label für Lebensmittel ist überfällig, um für den Verbraucher transpartent den Wasserverbrauch, den Transportweg und CO2 Ausstoß des zu kaufenden Lebensmittel aufzuschlüsseln.
Das Insektensterben nimmt immer erschreckendere Ausmaße an und gefährdet das Gleichgewicht unserer gesamten Ökosysteme. Daher muss insektenfreundliches Dauergrünland und weitere Maßnahmen noch stärker gefördert werden. Die Landesregierung muss hierbei mit gutem Beispiel vorangehen und das Dauergrünland des Landes und der Kommunen in Tierparadiese umwandeln. Die Kommunen sollen dazu angehalten werden Eh-da-Flächen auszuweisen.
Zusätzlich muss ein Herbizid- und Neonicotinoidverbot auf allen Landes- und Kommunalflächen eingeführt und in alle Pachtverträge übernommen werden.
Die momentane Landwirtschaftssubventionierung fördert vor allem die industrielle Landwirtschaft und schadet somit der Umwelt. In Zukunft darf nur noch biologische Landwirtschaft gefördert und die Förderung von Industrieller Landwirtschaft komplett zurückgefahren werden. Denn durch kleinbäuerliche und biologische Landwirtschaft wird ein erheblicher Beitrag zur Biodiversitätssicherung, zum Gewässerschutz und der Ernährungssicherheit geleistet.
Die Landesregierung muss sich deshalb dafür einsetzen, dass die Bundesregierung die Richtlinien, nach denen die Fördermittel der EU verteilt werden, dahingehend anpasst werden.
Moore und deren Schutz kommt eine Schlüsselposition im Klimaschutz zu. Moore sind nicht nur Lebensraum für eine Vielzahl gefährdeter Tier- und Pflanzenarten, sie sind auch ein exorbitant großer Speicher für Kohlenstoffdioxid. Die Trockenlegung und Verbrennung von Mooren durch die Bundeswehr ist eine Katastrophe für die Biodiversität und den Klimaschutz. Die Entwässerung von Mooren und die damit zwangsläufig verbundene Freisetzung von CO2 trägt mit 5% einen enormen Einzelposten zu den menschengemachten CO2-Emissionen bei.
Die Wiedervernässung von Mooren muss daher ein integraler Bestandteil von Klimaschutzpolitik sein. So könnten enorme Mengen Kohlenstoffdioxid gebunden werden.
Die Wiedervernässung von Mooren des globalen Südens zu finanzieren ist Aufgabe von Industriestaaten, da sie so einen Beitrag zur Reduktion ihrer Klimagasemission leisten können. Vor allem muss sowohl Torfabbau als auch Torfimport und die Entwässerung von Mooren verboten werden.
Es ist ein System zu entwickeln, in dem die Industriestaaten zur Finanzierung der Bewältigung von Folgen der Klimaerwärmung in den Ländern des globalen Südens herangezogen werden. Gleichwohl müssen die Industriestaaten Klimaschutzprojekte, etwa den Bau von Photovoltaikanlagen in den diesen Ländern mit finanzieren.
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