Europa als Raum für Demokratie und Nachhaltigkeit entwickeln
Beschlossen auf der 28. Landesmitgliederversammlung am 27.09.2003 in Mainz
Die Osterweiterung und die damit verbundenen notwendigen Reformen der europäischen Institutionen stellen eine große Herausforderung für die EU in den nächsten Jahren dar. Wichtige Reformprojekte müssen die Demokratisierung der Institutionen, die klare Aufteilung von Kompetenzen zwischen EU, Staaten und Regionen, sowie die Stärkung eines europäischen Bewusstseins sein. Dieses Bewusstsein kann insbesondere durch transparente Entscheidungsprozesse, wie beispielsweise im europäischen Verfassungskonvent, gefördert werden.
Begrüßenswert ist die Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips in einigen Bereichen. Dabei geht der Konvents-Entwurf aber nicht weit genug und verlangt bei wichtigen Entscheidungen nach wie vor das Einstimmigkeitsprinzip. Auch die Tatsache, dass Regierungen auf europäischer Ebene Gesetzgebungsaufgaben wahrnehmen und somit keine klare Trennung zwischen Exekutive und Legislative existiert, ist ein Problem, auf das der Konventsentwurf nicht eingeht. Das Europäische Parlament, das momentan überwiegend Beratungsfunktionen ausübt, muss deutlich gestärkt und zu einem vollwertigen Parlament mit allen damit verbundenen Aufgaben und Rechten ausgebaut werden. Der europäische Rat sollte als zweite Kammer in den Gesetzgebungsprozess eingebunden werden. Die Europäische Kommission sollte als Exekutive direkt vom Parlament gewählt werden. Für repräsentative Aufgaben sollte in direkter Wahl durch die EU-Bevölkerung ein Europäischer Präsident gewählt werden.
Für eine transparente und effiziente Arbeit der verschiedenen Ebenen sind klare Kompetenzabgrenzungen unabdingbar. Die Möglichkeiten der Einklagbarkeit von Rechten auf europäischer Ebene müssen verbessert und besser bekannt gemacht werden. So müssen beispielsweise Verbandsklagen gegen Verstöße möglich werden, die die Grundrechtecharta betreffen. Auch müssen klare Vorgaben geschaffen werden, in welchen Zeiträumen die EU-Kommission auf Beschwerden antworten muss. Die Einführung von BürgerInnenbegehren durch den Konventsentwurf ist begrüßenswert und ein richtiger Schritt in Richtung mehr Demokratie. Allerdings sollte die Kommission die Umsetzung so leicht wie möglich gestalten.
Zu den Aufgaben einer europäischen Gesetzgebung sollte das Setzen von Mindeststandards, beispielsweise beim Umweltschutz oder im sozialen Bereich, zählen. Jedes Land muss die Möglichkeit haben, über diese Standards hinaus zu gehen und somit eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Um Staaten dazu zu veranlassen, weitergehende Standards aufzustellen müssen selektive Anreize durch die EU geschaffen werden. So müssen Förderprogramme eine ökologisch und sozial nachhaltige Entwicklung Europas sicherstellen.
Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik muss zu einer europäischen Friedenspolitik weiterentwickelt werden. So wollen wir als ersten Schritt zum Wegfall von Armeen eine freiwillige gemeinsame europäische Verteidigungsarmee. Dafür ist es notwendig insbesondere humanitäre Hilfe, polizeiliche, infrastrukturelle, soziale und psychologische Aufgaben zu bewältigen. Die Grüne Jugend Rheinland-Pfalz spricht sich langfristig für ein militärisches Monopol der Vereinten Nationen aus.
Um ein Europa der EuropäerInnen zu entwickeln ist es notwendig, das Entstehen eines europäischen Bewusstseins zu fördern. Eine europäische Verfassung als Grundlage für dieses Bewusstsein ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg. Diese kann als Grundlage für eine Wertegemeinschaft dienen. Diese Gemeinschaft kann aber nur entstehen, wenn die Menschen, die in Europa leben, einbezogen werden. Daher brauchen wir einen deutlichen Ausbau von Förderprogrammen für Fremdsprachen, Jugendaustauschprogrammen und weiteren Begegnungsmöglichkeiten für die Menschen in Europa. Ferner muss Europa als Bestandteil der Lehrpläne für den Schulunterricht ausgebaut werden. Auch auf politischer Ebene kann mehr für ein europäisches Denken getan werden, beispielsweise durch die stärkere Etablierung europäischer Parteien. Dieses Zusammenwachsen muss behutsam geschehen. Denn neben aller Gemeinsamkeit müssen immer auch unterschiedliche Lebensweisen beachtet und respektiert werden.
Europa soll zusammenwachsen. Das bedeutet jedoch nicht, dass es sich nach außen verschließt. Europa ist nicht auf die EU begrenzt – Europa reicht viel weiter. Wir fordern ein offenes, tolerantes Europa, dass seine Grenzen zu den NachbarInnen nicht verschließt. Europa hat, als eine der stärksten Wirtschaftsmächte, eine große Verantwortung für die weltweite Entwicklung von Armut, Gewalt und Klima. Die Politik und die Menschen in Europa müssen dieser Verantwortung gerecht werden, indem sie in allen Bereichen mit gutem Beispiel voran gehen und Schwächeren bei ihrer eigenen Entwicklung helfen!
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