16. August 2023

Das gute Leben vor Ort – Nur mit uns!



Auf der 72. Landesmitgliederversammlung wurde der Leitantrag „Das gute Leben vor Ort – Nur mit uns!“ vom Beirat der GRÜNEN JUGEND Rheinland-Pfalz eingebracht, von der Mitgliederversammlung abgestimmt und angenommen.

Antragstext:

Das Gute Leben vor Ort – Nur mit uns!

Wir Kinder und Jugendliche sind Teil des kommunalen Lebens in Rheinland-Pfalz.
Wir stellen dabei eine Bevölkerungsgruppe in einer besonders prägenden
Lebensphase dar und haben deshalb besondere Bedürfnisse. Bereits die letzten
Jahre haben wir es zu unserem Ziel gemacht, diese stärker in kommunale
Entscheidungsprozesse und Kommunalpolitik einzubinden.

Im Angesicht immer größer werdender Unsicherheit gilt es, Jugendlichen ein
stabiles und beförderndes Umfeld zu geben! In der Schule oder im Angesicht der
Klimakrise: Die Stimmen von jungen Menschen werden häufig nicht gehört. Das
führt auch zu einem sinkenden Vertrauen in die Demokratie. Unzufriedene
Jugendliche sind anfälliger für extreme Parteien, wie die AfD. Es ist wichtig,
jungen Menschen früh zu zeigen, dass ihr Engagement einen Einfluss haben kann.
Jugendpolitik ist somit Politik mit und für Jugendliche!

Um wirkliche Jugendbeteiligung zu erzielen, wollen wir Jugendlichen möglichst
früh Teilhabe ermöglichen. Auch außerhalb der Teilnahme an Wahlen.

Dafür sehen wir unter anderem vor, in den Kommunen Jugendparlamente zu
etablieren und zu stärken. Durch die freie Verfügung über eigene Budgets und
direktes Mitwirken in kommunalen Räten können Jugendliche so direkt und
gefestigt ihre Stimmen hörbar machen, indem sie Themen setzen oder Anträge
einbringen. Beispiele für gelungene Jugendgemeinderäte können unter anderem in
Baden-Württemberg oder Hessen gesehen werden.

Auch über Instrumente wie Jugendsprechstunden bei Bürgermeister*innen oder bei
Gemeindeausschüssen wollen wir es Jugendlichen ermöglichen, sich konstruktiv
einzubringen. Zudem ist es längst überfällig, dass jede Kommune ein
Jugendbeteiligungskonzept entwickelt.

Doch werden Jugendliche nicht nur im politischen Bereich zu oft vernachlässigt.
Die Corona-Pandemie war ein starker Schlag für junge Menschen. In den zwei
Jahren der Einschränkungen gingen viele Austauschräume verloren und viele
Jugendliche litten unter Isolation und Ungewissheit. Damit sich Jugendkultur gut
erholen und weiterentwickeln kann, braucht es Räume für Jugendliche.

Deshalb setzen wir uns für den Ausbau und die Erschließung von Jugendräumen und
Jugendzentren ein. Jede Kommune sollte kostenfreie Orte der Begegnung für
Jugendliche schaffen. Es ist unhaltbar, dass Jugendliche aus Profitinteressen
immer weiter aus Innenstädten vertrieben werden. Im ländlichen Raum fehlt es oft
an öffentlichen Räumen, die auch wetterunabhängig und ohne Zusatzkosten in
Anspruch genommen werden können. Wir sprechen uns explizit gegen Störgeräusche
zur Verdrängung Jugendlicher von öffentlichen Orten aus.

Aber es ist nicht damit getan, diese Räume zu schaffen. Gerade auf dem Land ist
es für Jugendliche schwierig, sie auch zu erreichen. Dörfer besser zu vernetzen
ist für Jugendliche daher zentral. Zu oft sind junge Menschen auf ein Auto
angewiesen, um am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Dies ist nicht
nur schlecht fürs Klima, sondern aufgrund der hohen, damit verbundenen Kosten
auch ungerecht. Auch der Ausbau oder eine bessere Taktung des öffentlichen
Nahverkehrs sind damit Politik für Jugendliche.

Für ältere Jugendliche wollen wir mit Nachtbussen auch Möglichkeiten zur
Teilnahme am Nachtleben garantieren und ihnen sichere Wege zum Wohle aller
ermöglichen. Wir wollen langfristige Perspektiven vor Ort schaffen, dass sich
niemand gezwungen fühlt, wegen mangelnder Infrastruktur seine Orte verlassen zu
müssen, womit auch ein wichtiger Beitrag zur Stärkung ländlicher Räume geleistet
wird.

Eine Zukunft für uns – Nur mit konsequentem Klimaschutz!

Die Klimakrise ist eine generationenübergreifende Menschheitsaufgabe. Doch ohne
drastische politische Maßnahmen wird das Klima auf absehbare Zeit nur schlimmer
werden. Und damit sind Jugendliche als die Menschen, die wohl noch am längsten
auf unserem Planeten leben, auf besondere Weise von der Klimakrise betroffen.
Neben den direkten Auswirkungen des Temperaturanstiegs sind dabei insbesondere
Angstgefühle aufgrund der Klimakrise ein großes Thema für junge Menschen. Die
Unsicherheit bezüglich der Klimakrise löst Angst, Wut oder Trauer aus.

Auch deswegen ist dies für viele Jugendliche das Thema, welches sie am meisten
bewegt. Gerade in diesem Bereich braucht es umfassende Beteiligungsprozesse, um
Jugendliche in kommunale

Entscheidungsprozesse mit einzubeziehen und zu verdeutlichen, dass Klimaschutz
die entscheidende Zukunftsfrage ist.

Auch Kinder wissen von der Klimakrise. Deswegen ist es wichtig, altersgerechte
Bildungsprogramme schon im Kindesalter anzufangen, um die Jüngsten nicht mit
dieser Krise allein zu lassen. Wir setzen uns für kommunale Bildungsprogramme im
Bereich des Naturschutzes für Bürger*innen jedes Alters ein. Dadurch wollen wir
nicht nur eine Sensibilisierung für unsere Umwelt, sondern auch ein neues
Verbundenheits- und Verantwortungsgefühl gegenüber der Natur schaffen.

Neben der Verantwortung, Jugendliche auf den Umgang mit der Klimakrise
vorzubereiten, steht die noch wichtigere Verantwortung an, die Klimawende vor
Ort voranzubringen. Klimaschutz muss dringend zur kommunalen Pflichtaufgabe
werden und über Klimaschutzmanager*innen in allen Kommunen noch stärker ins
Zentrum rücken. Für uns steht fest, dass es einen Umstieg auf erneuerbare
Energie benötigt. Nur durch eine Stromversorgung, die vollends durch
regenerative Energien gedeckt ist, sind wir auf einem unabhängigen und
nachhaltigen Weg.

Dafür wollen wir alle geeigneten Flächen in Rheinland-Pfalz nutzen, um Solar-
und Windenergie auszubauen- beispielsweise mit Solarparks auf Industrieanlagen
oder Photovoltaikanlagen auf allen Gebäuden im Besitz der Kommunen.

Die Aufgaben, die vor uns stehen, sind groß und erfordern höchste Priorität.
Auch Mobilität und Infrastruktur müssen im Einklang mit Klima und Menschen
gebracht werden. Vor Ort braucht es viele Möglichkeiten, sich klimafreundlich
fortzubewegen. Wir kämpfen für einen bedarfsgerechten und bezahlbaren ÖPNV sowie
eine Mobilitätsgarantie auf kommunaler Ebene. Wir fordern die Rekommunalisierung
von Mobilität und Infrastruktur.

Es braucht für Schüler*innen, Studierende, Freiwilligendienstleistende und
Auszubildende kostenlose Deutschland-Tickets, um im ganzen Land mobil sein zu
können.
Auch Radwege müssen ausgebaut und erweitert werden. Wir setzen uns für den
Ausbau,

die Erweiterung und die Verbesserung der gesamten Radwege sowie den Ausbau von
Fahrradstellplätzen in Rheinland-Pfalz ein.

Um den Ausbau des Radverkehrs als verkehrspolitische Gesamtstrategie in der
Kommune zu etablieren, fordern wir hauptamtliche Fahrradbeauftragte in der
Verwaltung.

Neben der Energie- und Mobilitätswende ist die Agrar- und Ernährungswende
elementar, um den Weg zur Klimaneutralität in allen Kommunen zu ebnen. Ein
Umstieg auf eine Landwirtschaft, die eine artgerechtere Tierhaltung ermöglicht
und perspektivisch auf eine nachhaltig-vegane Lebensmittelerzeugung zusteuert,
ist daher unabdingbar. Vielen jungen Menschen liegt zudem eine nachhaltige,
möglichst pflanzenbetonte Ernährung am Herzen. Es gilt also, besonders regionale
und saisonale, vegan-vegetarische Produkte ins Zentrum zu stellen. Die Kommunen
fordern wir dazu auf, in ihren Kantinen und Mensen (in Schulen, Kindergärten
etc.) mindestens ein veganes Speiseangebot pro Tag zu schaffen und tierische
Lebensmittel sukzessive zu reduzieren.

Gerechte Bildung vor Ort?! Nur mit uns!

Wir kämpfen für ein gerechtes Bildungssystem und wir fangen hier vor Ort an! Die
Schulen, Kitas und Volkshochschulen vor Ort müssen moderner, inklusiver und
nachhaltiger werden. Deshalb fordern wir einen Sanierungsstart!
Bildungsorte dürfen nicht länger kaputtgespart werden, sondern müssen saniert
und ausgebaut werden. In Rheinland-Pfalz fehlt es an (gut ausgebildetem)
Lehrpersonal. Um dieses Defizit zu verringern ist es nötig, dass ihre
Verwaltungsaufgaben, durch Verlagerung auf Verwaltungsangestellte reduziert
werden, damit sie sich auf Unterricht und Schüler*innen fokussieren können.
Somit wollen wir ein Umfeld schaffen, in dem man gut und gerne lernt.

Die Schule vor Ort muss ein Raum für junge Menschen sein, in dem sie lernen,
wachsen und mitbestimmen können. Deshalb wollen wir Schüler*innenvertretungen
vor Ort stärken, indem die Kommunen sich darum bemühen, das bisher zu oft nur
auf dem Papier existierende Stimmrecht von Schülervertreter*innen in den
Schulträgerausschüssen der Gemeinden mit echtem Leben zu füllen.

Damit Schulen kein Spekulationsobjekt werden, lehnen wir die Privatisierung der
Schulen ab und setzen uns weiter dafür ein, dass Schulen in kommunaler
Trägerschaft bleiben.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die psychische Gesundheit junger
Menschen sind noch drastisch zu spüren. Damit vor Ort kein junger Mensch alleine
leiden muss, braucht es ein gut funktionierendes Hilfenetz an jeder Schule.
Wir fordern deshalb, an jeder Schule in Rheinland-Pfalz mindestens eine*n
feste*n Schulsozialarbeiter*in anzustellen und die Zahl gestaffelt nach
Schüler*innenzahl steigen zu lassen. Des Weiteren müssen Schulpsycholog*innen
mehr Zeit vor Ort verbringen und insgesamt für weniger Schulen verantwortlich
sein. Zudem müssen Lehrer*innen und Schüler*innen zu psychischen Erkrankungen
aus-und weitergebildet werden.

Wir wollen die Schulen endlich ins digitale Zeitalter holen. Die Zeit von
Overhead-Projektoren und Videokassetten muss endlich unwiderruflich vorbei sein.
Um ihrem Bildungsauftrag nachzukommen, ist es somit wichtig, digitale
Lehrkompetenzen umfassend zu stärken.

Bildung beginnt schon im Kindesalter. Wir fordern eine bessere Umsetzung der
Kita-Platz-Garantie ein. Ewige Wartezeiten müssen der Vergangenheit angehören.
Auch Kommunen müssen Maßnahmen treffen, um die Arbeit im Erziehungsbereich
attraktiver zu machen.

Grundlage jeder Bildungspolitik muss es sein, Schüler*innen als Menschen mit
Bedürfnissen zu verstehen. Kostenlose Menstruationsprodukte auf Schultoiletten
können viel Leid verhindern und geschlechtsspezifische Ungerechtigkeiten
abbauen, zugleich vermitteln sie Wertschätzung an Schüler*innen.

Kommune der Zukunft – nur mit uns!

Die Zukunft liegt in unseren Händen. Deswegen ist es so wichtig, sie an
demokratische Prozesse heranzuführen und ihnen die Entwicklung zu
selbstbestimmten Bürger*innen zu ermöglichen. Jugendliche müssen mehr echte
Gestaltungsspielräume für ihr eigenes Leben haben. Daher ist es dringend nötig,
Jugendpolitik als Querschnittsthema zu begreifen. Ob Klima, Bildung oder Stadt-
und Dorfplanung – Jugendpolitik ist mehr als nur Beteiligung. Denn zu unserer
Grünen Vision gehört es, dass junge Generationen mit Zuversicht in die Zukunft
blicken können, da Politik mit und für sie gemeinsame Probleme angeht.



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